wo gott keine eile hat
Das die katalanische hauptstadt grosses zu bieten hat sieht man schon alleine daran, dass sie zwei weltaustellungen (1888, 1926) ausrichtete und auch schon Olympia austragungsort (1992) war. Sie steht bei den städten unseres kontinentes ganz weit oben, und ist jetzt auch noch beim Marathon ranking aufgestiegen - zum viert grössten lauf nach London, Berlin und Paris ! Es war die 34 ausgabe des Marato Bacelona, aber in der vergangenheit führte er nicht immer auf dem heutigen rundkurs entlang der sehenswürdigkeiten durch die city. Der grosse durchbruch mit knapp 20.000 läufern kam erst jetzt mit der terminverlegung von anfang auf ende März.
170 meter hoch soll das wahrzeichen der metropole noch werden, und wäre damit die höchste kirche der welt. Aber wie sagte der geniale baumeister Gaudi noch zu lebzeiten:'' Mein auftraggeber hat keine eile!''. Und so ist nicht vor dem jahre 2026, zum seinem hundertjährigen totestag, mit der fertigstellung des gotteshauses zu rechnen. Aber immerhin ist bei dem 1882 auf der grünen wiese begonnenen bauwerk nun der Innenraum fertig gestellt und eingweiht. Nur das südliche hauptportal und 10 der 18 türme fehlen noch, und jeder der das fantastische bauwerk besichtigt beteiligt sich mit seinem erheblichen eintrittsgeld an seiner fertigstellung.
Es musste mal wieder sein, ein grosser lauf ! Nach meinem letzen Marathon auf den leinpfaden entlang der Saar in Saarbrücken musste mal wieder was herausragendes her: Olymiastadt, historische bauten, breite strassen, sonniger süden. Barcelona stand schon lange auf meinem 'to do' zettel, aber vor ein paar jahren war er noch nicht erwachsen und der termin anfang März passte auch nicht wirklich zu den trainingsmöglichkeiten im deutechen winter. Aber jetzt passte alles: Schnell startplatz gesichert, weit im voraus einen super günstigen Lufthansa flug gebucht, apartment reserviert - dank internet eine sache von wenigen minuten.
Dass ich dann für vier wochen das training aussetzen musste und meine testläufe danach alles andere als befriedigend waren konnte ich da ja noch nicht wissen. Letztendlich war ich aber froh das ich überhaupt habe laufen können, und die ziellinie wollte ich doch mindestens erreichen.
Wer von Frankfurt kommt sollte sich einen fensterplatz auf der linken seite nehmen. Belohnt wird man mit einem herrlich blick auf die Alpen. Jungfau, oberes Rhonetal, Mout Blanc Massiv - eine ganze perlenketten von schneebedeckten mayestätischen bergen gleitet vorbei. Der moderne Flughafen empfängt uns mit frühlingshaften temperaturen und herrlich blauem himmel. Wer mit der Bahn in die 15km entfernte stadt möchte, muss erst mit dem schuttle bus zum terminal 2. Am bahnhof sollte man ein 10er ticket kaufen - dann kostet die fahrt weniger als 1€. Beim anschliessendem umsteigen in die Metro muss nochmals ein ticket entwertet werden, welches aber dann für das ganze U-Bahnnetz gilt. Preiswerter, und dazu noch im 4 minuten takt, gehts wohl nicht. Unser quartier lag in der nähe des 'Camp Nou', der heimat des FC Barcelona und zudem grösstes stadion Europas. Hier war es ruhig und zudem stand uns eine sonnenterasse zur verfügung. - und in ein paar minuten war die Metro zu erreichen, die uns überall hin bringt.
Den rest des Samstags stand die uferprommenade, die seit der Oympiade fein herausgeputzt ist, ein fischrestaurant am Passaig de Joan de Borbo sowie der stadtstrand auf der besuchsagenda. Anschliessend zum Place Espanya und zur Messe. Dort gab's ohne anstehen die startunterlagen inclusive eines funktionshirts und den check des chips auf einem riesigen bildschirm. Alles tadellos organisiert.
Letztes wochenende im März heisst bei uns: Sommerzeit beginnt - wecker eine stunde vorstellen ! Zwar wurde bei der anmeldung schon auf grossen schildern auf diesen umstand hingewiesen, aber wohl nicht jeder hatte es auch wirklich getan ( eine gruppe asiatischer läufer soll später etwas verlassen am verpassten start gestanden haben...) . Die anreise per u-bahn klappte stressfrei und am startgelände war auch genügend platz vorhanden. Wegen der vielen starter war die aufstellung etwas verändert worden, aber es blieb bei 4 blöcken - nach farben gekennzeichnet, die sich auch auf der startnummer wiederfanden. Zufällig treffe ich hier noch einen arbeitskollegen aus Italien - es ist bereits das dritte mal das wir am gleichen lauf teilnehmen. Es konnte also losgehen, bei 10°C und sonnenschen, konfettiregen und sprudelnden springbrunnen. Perfekt ! Keine staus nach dem start dank mehrspuriger prachtstrassen, aber mit leichter steigung zum Cap Nou. Ja, die strecke ist nicht wirklich flach. Die gesamtsteigung beträgt ca 200 höhenmeter und verteilt sich vorwiegend auf die erste hälfte. Aber da ist man ja noch frisch und bleibt es auch dank der hohen häuser, die immer wieder für ausreichend schatten sorgen. Genügend frische auch bei den vielen versorgungsstellen, dank 0,33 liter wasserflaschen die nicht nur zum trinken ausreichen, sondern auch zum kühlen des mützchens benutzt werden können. Der weg ist mit sehenswürdigkeiten gespickt und beim lauf an der Sagrada Familia vorbei kommt spätestens gänsehaut gefühl auf. Der blick nach hinten und vorne mit einem meer von läufern die die strassen füllen ist einfach grandios.
Nach der halben distanz geht's schliesslich richtung meer, macht nochmal einen wendeschleife zum Torre Agbar um dann in die palmenbestandene küstenpromenade einzubiegen. Aber da liegt km 30 schon hinter uns und mein tempo hat schon deutlich eingebüsst. Wir biegen ab in richtung altstadt, es geht durch den Triumpfbogen, der noch von der ersten weltausstellung übrig geblieben ist. Schon sind wir am Place Catalunya, dann durch das Gotische Viertel. Von den sehenswürdigkeiten bekomme ich garnichts mehr mit. Zu eng sind die zuschauer herangerückt - alles tobt, schreit und feuert an : VINGA, VINGA!!!. Mittendrin nochmal eine steigung, schon laufen wir auf der Les Ramples, grüsst uns Kolumbus von seinem hohen denkmal. Eine zeit unter 4 stunden begrabe ich genau hier. Vor mir mehr als 2 km gerade hoch zum Ziel. Meine wade streikt und ich muss ein paar mal gehen. Egal - wenn Gott keine eile hat warum ich ? Das letzte stück schaffe ich schon irgendwie und ich geniesse den zieleinlauf mit vollen zügen. Die sonne lacht, die fontainen jubilieren und alle sind einfach nur glücklich !
Im ziel gibts dann wasser, werden leihchips abgeschnitten, medaillen umgehängt - alles vor der kulisse des Palau National mit seinen Magic Fontains. Ich genehmige mir noch ein paar orangenviertel und Kerstin - die mich auch an der strecke 3x angefeuert hatte, erwartet mich schon mit handtuch und trockener kleidung. Da die Metro jetzt zu voll ist schlendern wir die Paral-lel hoch und wir setzen uns an den ersten freien tisch einer bar um mir ein frisches kaltes bier zu gönnen. Den rest des tages verbringe ich dann verdienter masen im sonnenstuhl auf der dachterasse.
Zwei volle tage bleiben uns noch für die stadt, und es gibt hier mehr als genug zum sehen und erleben. Caffee con latte im cafe um die ecke. Tapas, vino tinto und co. in den bars der altstadt mit ihren engen gassen, schlendern durch alten markthallen mit schinken, meeresfrüchten und käse bis unter die decke. Ein muss ist ein besuch in der Sagrda Familia und auch der weitläufige Park Güll mit den Gaudi bauten und dem tollen blick über die stadt zum meer. Auch der Montjuic mit seinen parcs, dem Miro museum und den Olympia anlagen belohnt mit guter aussicht auf die stadt und den hafen. Mittendrin, und doch weitab vom lärm der strassen, flaniert man durch den Parc de la Ciutadella und zum Arc de Triomf...Ach ja, genau. Ab hier gings bergab mit mir. In der äuserst detailierten auswertung des laufes, die später im internet zur verfügung steht, kann ich ablesen wieviel minuten ich hier habe liegen lassen, und wieviel läufer mich ab hier überholt haben.
Solltest du mit dem gedanken spielen auch mal hier zu laufen, so kann ich ausnahmslos dazu raten. Ein grossartiger event und eine wunderbare stadt erwarted dich.
Nächster termin 17.März 2013: Internet : www.maratobarcelona.es
